So etwa um 1250 kam ein Lokator nach Oberfranken. Der Lokator, nennen wir ihn der Einfachheit halber Hanns, war von Herzog Boresch von Riesenburg geschickt worden. Der Fürst fühlte sich einsam. Überall in Europa nahm das Bevölkerungswachstum stark zu, aber nicht in der Heimat von Boresch. Das lag sicher daran, dass hier das Grenzgebiet zwischen Böhmen und Mähren von einem riesigen Urwald bedeckt war. Und um den zu roden und wirtschaftlich attraktiv zu machen, brauchte es Menschen. Also schickte Boresch den Hanns los, um fleißige und mutige Franken zu holen.
Unter der Anleitung von Hanns, fällten die neuen Siedler viele Bäume, errichteten Häuser und nannten ihren Ort Triebitz. Trieb hieß ihr Heimatort am Obermain und -itz ist die slawische Endung. Den Bewohnern ging es mal gut, manchmal war das Leben auch schwierig. Aber die wirkliche Katastrophe, die schließlich ganz Europa heimsuchte, war der 30-jährige Krieg. Viele Menschen starben, noch mehr wurden vertrieben, und alle Pfarreien mit den dokumentierten Stammbäumen niedergebrannt. Deshalb war die bisherige Geschichte ein wahrscheinliches „Könnte-so-gewesen-sein“.
Aber von jetzt an blieben die Aufzeichnungen erhalten und erzählten von Georg, einem Müller, der in Triebitz lebte. Er heiratete Anna, und sie bekamen einen Sohn. Dieser Thomas übernahm als Erwachsener eine Getreidemühle, die so bedeutsam wurde, dass sie nach ihrem Betreiber Thomamühle genannt wurde. In den folgenden Jahren kamen in dieser Mühle 7 Generationen auf die Welt, alle wurden Müller, und alle hießen mit Nachnamen „Müller“.
Machen wir einen kurzen Sprung in die Gegenwart. Auch meine zwei Brüder und ich nennen sich „Müller“ und das ist kein Zufall. Jetzt, im Frühsommer des Jahres 2021, machen wir uns auf den Weg, die Heimat unserer Vorfahren anzuschauen. Die Fahrt geht durch fast ganz Tschechien und endet in einer wunderschönen Ebene mit dem früheren Namen Schönhengstgau (Wie dieser Name entstand, ist eine eigene Geschichte).
Am Eingang lernen wir Ivo kennen. Er hat nicht weit weg von hier sein Leben verbracht und schließlich vor 4 Jahren die Mühle gekauft. Seither setzt er seine ganze Zeit, Kraft und Mittel ein, um sie zu erhalten und sogar wieder aufzubauen. Ein halbes Jahr später wird er im ehemaligen Mühlbach sogar den alten Mahlstein finden. Vermutlich verdankt die Thomamühle ihr endgültiges Überleben dem bewundernswerten Ivo.