1000-sterne.de - Ulf Müller
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Schottischer Sommer

Aberdeen

Der Hauptvorteil den man als Wohnmobilfahrer in Schottland hat ist sicher die Wahl der Übernachtungsplätze. Das zeigt sich gleich mal bei unserem ersten Abend. Eingeklemmt zwischen dem lokalen Fort, dem lokalen Golfplatz und dem lokalen Hafen, ist der Ausblick grandios.   

das Highlandfestival

Man stelle sich folgende Absonderheiten vor: Erstens: Highlandfestival finden auch in den Lowlands statt, beispielsweise in Aberdeen. Zweitens: Touristen werden toleriert. Und drittens: Eigentlich sind sie für Einheimische gedacht.

 

Mit dem Games-Organisator gibt es einen Deal: Ich sorge den Tag über für schönes Wetter und bekomme dafür die Zugangsberechtigung zum Innenraum. Wie man sieht haben Schotten einen trockenen Humor. Er verzieht dabei nicht mal die Mundwinkel. Und ich halte mich an den Deal. ;-)

 

Im Lauf des Vormittags verteilen sich die verschiedenen Disziplinen auf dem Festgelände. Platz ist genügend da. Die Schwerathleten versammeln sich hinter dem Schutzzaun, aber zu ihnen kommen wir später noch. Für die Tänzer sind schon Podeste erstellt.

 

 

Gleichzeitig mit der Hitze – wann auch sonst? – hat das Seilziehen begonnen. Der tiefere Sinn bei den Ursprüngen der Highlandfestivals lag darin, dass der, Clanchef seine kräftigsten Männer herauszufinden konnte.  Wer kann den anderen Clan am besten über den Tisch ziehen. Die Chefs brauchen sich dabei nicht anzustrengen, dazu sind die Jungs ja da.

 

 

Auf der einen Seite die grobe Kraft, auf der anderen die Eleganz. Obwohl, das ist schon auch Leistungssport. Dass die jungen Damen über beachtliche Beinmuskeln verfügen, ist offensichtlich.Und früh beginnt, wer Meister werden will.

 

 

 

 

 

 

 

 

Dann treffen die Muskelmänner ein. Hier sind die Regeln sehr einfach.  Das einzige Kriterium ist Weite. Keine Kinkerlitzchen - Kraft ist Sieg. Einfaches männliches System. Und Kraft ist offensichtlich genügend vorhanden.

 

 

 

 

 

 

 

Alles, was hier in der Gegend herumliegt wird in den nächsten Stunden durch die Gegend geworfen: Steine, Gewichte, beschwere Ketten, Baumstämme. Baumstämme? BAUMSTÄMME! Tossing the Caber. 6 Meter lang, 60 Kilogramm schwer, kein Henkel. Drei bis viel normale Menschen braucht es um den Baum zu tragen. Dann wird er aufgestellt und jetzt soll der Kraftprotz selber sehen, wie er damit fertig wird. Wenn er den Brocken hochgehoben hat, kann´s losgehen. Hoffentlich nach vorne. Laufen! Wie weit ist egal – Hauptsache ist Anlauf. Dann bleibt er einfach stehen und reißt das Ende hoch. Ziel ist, dass sich der Baum überschlägt und in möglichst gerader Linie liegen bleibt. Eigentlich ganz einfach.

 

 

 

Whisky

Ich denke, Das ist ein Anblick, den es so nur in Schottland gibt. Whiskyfässer soweit das Auge reicht. Schade, dass sie alle leer sind. Single Malt muss 12 Jahre im Fass lagern, und wenn er dann in Flaschen abgefüllt ist, wird sein bisheriger Behälter zu wertvoll zum Wegwerfen. Er wird recycelt. Außerdem sind da noch ehemalige Bourbon-Fässer aus Amerika und Sherry Fässer aus Spanien. Gerade das gebrauchte Eichenholz ist für den besonderen Geschmack des Single Malt entscheidend. Also müssen die Casks, wie die Schotten sagen, für eine neue Befüllung hergerichtet werden. Da passt es gerade gut, dass so eine Coppery mitten im SpeyValley steht.

 

Und das Spey Tal hat von drei Dingen mehr als genug: Erstens: Whisky-Destillerien – insgesamt etwa 60.  Zweitens Wälder – sehr sinnvoll zum Betreiben von Destillerien. Und drittens – Romantik! Eine ganze Menge davon!

 

Munro, der Erste

Zuerst mal für Nicht-Insider: Munroes sind Berge. Genau gesagt, Berge über 3000 Fuß, das sind 914 Meter. Genauer gesagt einer von 283. Noch genauer: ziemlich kultig. Das klingt jetzt nicht sehr bedeutsam: 914 Meter plus X. Aber das Ganze verbunden mit dem hiesigen Wetter, kann es etwas g´spassig (hochdeutsch: komplikationsträchtig) werden. Auf die Idee, alle 3000er abzuklettern ist als erstes 1891 Sir Hugh Munro gekommen. Und nach ihm ist diese Kletterbewegung benannt. Wenn er gewusst hätte, was er da anrichtet.

 

 

Barnie und ich packen unser Notfallset ein (Käsebrot mit Energieriegel), und steigen los. Unser erster Monroe ist der Stob Dearg. Das kann keiner aussprechen, heißt aber „Roter Gipfel“. Beruhigender Weise gehört das erste Haus am Weg der Bergwacht. Beunruhigenderweise ist keiner da. Na dann gehen wir das Risiko eben ein und steigen ohne Rückensicherung auf unseren ersten Tausender von Schottland.

 

Ok, das beim Heruntergehen ein leichter Sturm beginnt, und kurz darauf so ein Nieselregen muss nichts sagen. Schotten nennen so ein Wetter immer noch „dry“, weil viel ist´s nicht was da herunterkommt. Da muss man erst 5 Minuten warten, bis sich jammern überhaupt lohnt. 

Duart Castle

Wir verlassen das Festland und setzen über auf die Insel Mull. Als Begrüßung thront das Duart Castle auf einem Felsvorsprung. Seine dunklen Steinwände sind bis zu 3 Meter dick und wenn man sich von der Landseite her nähert 9 Meter hoch. Sehr imposant.

 

Vor 700 Jahren hatte der erste Chef des Maclean – Clans, die Grundmauer geschenkt bekommen. Er hatte die Tochter des mächtigen Lord of the Isles,  des McDonald Clans, entführt um sie zu heiraten. Und als reicher Schwiegervater will man seine Kinder ja nicht in eine Torfhütte stecken. Die Burg entstand, ebenso der junge Clan der Maclean, und damit ein neues Problem in Schottland: Man hat das Gefühl, dass jeder Clan-chef die meiste Zeit damit verbringt, sich Unsinn auszudenken und der heißt regelmäßig: Keilerei mit den Nachbarn. Davon hatten die Maclean zwei bedeutende: die gerade erwähnten McDonalds und die ziemlich streitsüchtigen  Campbells.

  

Mit denen legte sich gut hundert Jahre später ein Lachlan Maclean auf bewundernswert phantasievolle Weise an: Er heiratete die Schwester des Campbell-Bosses und nachdem sie ihm keinen Sohn schenkte, wollte er sie bald wieder loswerden. Wie gesagt – er was kreativ. Also stellte er sie bei Ebbe auf eine flache Insel und wartete auf die Flut. Noch heute kann diesen „Ladys Rock“ im Meer gesehen werden. Aber es ging etwas schief: Ein paar Fischer hörten die Hilferufe der Frau, retteten sie und brachten sie zu ihrem Bruder. Mittlerweile hatte auch der trostlose Witwer vom Tod der gemeinsamen Verwandten berichtet und kam sogar zur Trauerfeier. Die Wiederauferstandene saß allerdings überraschenderweise mit an der Tafel. Wie gesagt: Highland-Clan-Chefs ließen sich für schlechte Nachbarschaftsbeziehungen schon was einfallen. Und ganz klar: Lachlan Maclean hat seinen kleinen Spaß nicht überlebt. Da ließen sich die Campbells nicht lumpen. Wir werden ihnen später nochmal begegnen

Tja, so hat jede Burg seine kleine Geschichte.

 

 

Iona

Die Nacht hat durchgeregnet, und der Morgen sieht eigentlich genau so gruselig aus. Dazu würden auch die Schotten „nass“ sagen. Für Iona ist´s egal.

 

Iona ist eine Mini-Insel am Rand von Mull. St Columban, ein irischer Mönch kam vor 1450 Jahren auf die Idee, seinen christlichen Glauben auch den Schotten zukommen zu lassen. Er gründete ein Kloster. Das freute insbesondere die Wikinger, die somit eine weitere Gelegenheit bekamen, Schätze zu rauben und Mönche zu massakrieren. Das ging solange schlecht, bis die Mönche genug hatten und die Insel verließen. Zurück blieben Ruinen und frustrierte Wikinger. Nachdem aber die skandinavischen Besucher auch zum neuen Glauben überredet wurden und sie somit bezüglich Überfälle ein schlechtes Gewissen bekamen, konnte man das Kloster ja auch mal wieder mal aufbauen. Seit 1910 steht es wieder.

 

Eigentlich sind wir ja keine Friedhofsbesichtiger, aber der hier ist was Besonderes. Schon vor der Ankunft der Mönche wurden auf ihm die schottischen Könige begraben. 48 von ihnen, einschließlich Macbeth, liegen unter der Erde. Aber nach 1500 Jahren findet man nicht mal mehr einen entzifferbaren Grabstein.

 

Burg Donvegan ...

...muss renoviert werden. Wir sehen uns mal das Objekt der Investition an.

 

Diese Burg ist das am längsten durchgehend bewohnte Gebäude von Schottland. Seit gut 700 Jahren wohnen die MaLeods hinter diesen Mauern. Es eignete sich prima, um sich mit den MacDonalds zu kloppen, oder den Maclean, wenn es passte, auch mit dem Schottischen König, oder sogar den Engländern.

 

Ein Zwist aber hat das Schloss mit seiner Umgebung gründlicher verändert als alles andere: ein schadenfreudiger Nachbar hatte behauptet, dass bei Donvegan kein ordentlicher Garten wachsen könnte. Und sowas ließ sich noch nie einer der hiesigen Chiefs folgenlos an den Kopf werfen. In früheren Zeiten hätte er sicher einen Krieg vom Zaun gebrochen, aber man wird ja moderner. Knapp hundert Jahre später ist die Burg mit einem der sehenswertesten Gärten Schottlands umgeben.

 

So, jetzt hat es einen ganzen Tag nicht geregnet. Aber jeder Sommer geht einmal zur Neige. Und da suchen wir uns nochmal einen Stellplatz mit sehenswertem Fernblick und warten, was da kommt. Barnie ist zum Meer runtergegangen, und auf dem Rückweg bringt er einen anderen Duft mit. Besonders Lizzy ist begeistert. Frischer Fisch!

 

Renate und ich fahren zum nächsten Standplatz vor. Bis Claudia und Barnie nachkommen, bekommen wir von einem Fischer einen großen, einen wirklich großen Fang geschenkt. Natürlich geben wir ihn als unseren Erfolg aus. Und wie bei allen Fischern ist dann die Größe das wichtigste Thema.

Eilean Castle ...

... ist obligatorisch. Ein „Muss“ für jede Schottlandreise. Vom Highländer bis zum Lowländer. Von National Geographic bis zu 1000-sterne.de. Und das egal ob in strahlender Neuzeit oder grauem Mittelalter. Die Burgbesatzung kommt gerade von einer – sagen wir mal - recht erfolgreichen Schlacht zurück.

 

 

 

 

 

 

Der Clanchief kann sich die Hände reiben. Schließlich hat er´s den Nachbarn, den Mac Dingsbums mal wieder richtig gezeigt. Seine Männer schauen weniger glücklich aus. Schließlich erklärt er, weshalb diese Kopfeinschlagerei nötig ist, und das klingt so, als ob es bald wieder weitergeht.

 

 

 

 

Und jetzt wartet eine kühle Maß auf ihn.

 

 

Der Haushofmeister hat schon alles hergerichtet für den Herrn des Hauses, pardon, des Castles. Allerdings sind diese Burgen nicht sehr geräumig. Ein paar Gäste und schon sind sie überfüllt. Gut, dass der Hofmeister dann aufpasst, dass nicht jeder gemeine Soldat hereinkommt. Für den ist schließlich ein Campingplatz im Garten hergerichtet. Mit einem netten Grillplatz, einem Fass dünnen Bier und ein gemütliches Bettchen. Zur Feier des Sieges hat der Koch einen kleinen Kuchen spendiert, freigiebig wie er ist, Und der wird jetzt redlich unter allen Kämpfern aufgeteilt. Sogar der Doc bekommt noch was ab.

 

Der Jacobite

Auf dem Weg zurück von der  Ostküste kann man verschiedene Fahrzeuge verwenden. Nicht bloß so einfache wie Wohnmobile. Am meisten Stil jedenfalls hat die gut alte Dampfeisenbahn. Zweimal am Tag macht sie sich von Malleig aus auf in Richtung Fort William. Knapp 150 Kilometer in 2 Stunden. Der Kessel wird ordentlich vorgeheizt. Und dann kann´s losgehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wer jetzt glaubt, den Viadukt schon mal gesehen zu haben. Richtig: Harry Potter; der Kampf mit dem unwilligen fliegenden Auto. Die Vorlage hier ist optimal.

 

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